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55. Biennale ´13

Die bewusste Entscheidung zwischen einem „künstlichen Touristen-Venedig“ und dem „künstlerischen Venedig“Eine Entscheidung zwischen Sinn & Verstand, Seele & Körper.


Touristische Stereotypen und das eigene Wissen begleiten einen im Unterbewusstsein mit nach Venedig: ob absichtlich durch Studien angeeignet oder durch ständige Repetition in den Medien unfreiwillig in den Kopf gestopft hat jeder, selbst wer noch nie in Venedig war, irgendetwas zu Venedig zu sagen (ein ähnliches Phänomen wie bei New York: einer Stadt, die jeder glaubt zu kennen, auch wenn er noch nie dort war). Man glaubt Venedig zu kennen - beispielsweise durch Thomas Manns  „Der Tod in Venedig“ – Shakespeares „Der Kaufmann von Venedig“ – durch einige Filme, denen Venedig als unnachahmliche Kulisse dient.
Zusätzlich zur belletristischen und kulturellen “Besetzung“, reist man mit seinem historischen Wissen dorthin, denn jeder weiss, dass Venedig im Mittelalter die blühendste Handelsstadt der Welt war: Die Stadt der Kaufleute.

Diese Wissensfragmente, die Erinnerungen aus Filmen und persönliche Reminiszenzen von vorigen Besuchen, falls man schon dort war, trägt man zusammen mit seinem Gepäck in die Stadt.

Sich völlig frei davon zu machen, damit neue Erlebnisse unbeeinflusst in den Körper strömen können, ist nicht ganz leicht:
Es braucht dafür die komplette Hingabe an den gegenwärtigen Moment und die Vermeidung von touristischen Plätzen wie dem Markusplatz und den Canale Grande rund um die Rialto-Brücke.
Diese Plätze - deren Postkartenmotive im Kopf eingebrannt sind - würden letztendlich lediglich bestätigen, was man ohnehin schon weiss. Oft ist der Grund für einen  Besuch an einem touristischen Platz der, einfach da gewesen zu sein und sagen zu können: „Ja, ich war dort. Ich kenne diesen berühmten Platz nun persönlich. Daher kann ich mitreden.“ Leider erfüllt dieser Besuch meist leider nur einen Zweck: Den der eigenen Anerkennung oder die Anerkennung von anderen. Es hat meist sehr wenig mit dem Sich-Einlassen zu tun, denn „man MUSS dort gewesen sein, bevor man sich den anderen Plätzen der Stadt widmet.“ Der Reiseführer diktiert die wichtigsten Plätze. Der Glaubenssatz entsteht, eine touristische Pflicht erfüllen und eben diese Plätze "abarbeiten" zu müssen.

Obwohl etwa 250.000 Menschen in Venedig leben, und es weitaus mehr Touristen gibt, als Einheimische –  nämlich jährlich 30 Millionen (Rom hat "nur" 10 Mio im Jahr) – überwiegt dennoch der einheimische Charme der Stadt, die nach wie vor sehr inspirierend wirkt. Obwohl Venedigs Haupteinnahmen seit 100 Jahren aus dem Tourismus kommen, hat Venedig seinen ganz eigenen Zauber behalten. Man hat geradezu das Gefühl dass Venedigs Aura stärker als jedes touristische Treiben ist, das nach Konsum und Menschenmassen schreit.
Vielleicht liegt es an den Wasserstrassen, an den fehlenden Autos und Radfahrern, vielleicht liegt es daran, dass kaum eine Gasse länger als 150 Meter ist und sich die Touristen in diesem Labyrinth gut verteilen, aber vielleicht auch daran, dass die Venezianer eine starke Persönlichkeit haben, so dass Millionen von Touristen diese Atmosphäre nicht verdecken können. Fährt man im öffentlichen Fortbewegungsmittel, dem Vaporetto, dem Linienbus auf dem Wasser, hat man viele Einheimische um sich. Da gibt es vor allem die alten venezianischen Damen, die im Weg stehende Touristen einfach beiseite schieben, als wären die Fremden ungezogene lästige Kinder, die man mit einem leichten Schubser zurechtweisen müsse.

Cannaregio ist ein altes jüdisches Viertel in Venedig, in dem sich so gut wie keine Touristen aufhalten, dort durften wir Privaträume bewohnen. Machte man die Haustür auf, schwappte einem das Wasser entgegen. Die Wohnung befand sich also direkt an der „Strasse“, an der Nachts ab und zu noch ein zwei Boote vorbeifahren und man ein anschliessend beruhigendes Klatschen der Wellen an die Hauswand hört.

Der Grund meines Besuchs war die 55. Biennale, die sich vor allem in zwei Arealen abspielt: In den alt-ehrwürdigen Gärten mit den internationalen Pavillions verschiedener Länder, den Giardinis, und in den Backstein-Fabrikhallen des Werftgeländes Arsenal.
Da diese Areale genau am anderen Ende von unserem Apartment in der Ormesini lagen, bedurfte es das Überqueren von 30 Brücken - von insgesamt 426 Brücken der Stadt - sowie eine gute Marschmoral und ein smartphone mit Navifunktion. Die 3,7 Kilometer ans andere Ende der Stadt zu Fuss zurückzulegen. Dieser Umstand gibt einem die Möglichkeit, der Stadt näher zu kommen.

Die Strecke vom Stuttgarter Osten zum Schlossplatz ist ungefähr dieselbe, die ich häufig mit dem Fahrrad oder zu Fuss zurücklege, dennoch fühlt sich dieselbe Kilometeranzahl in Venedig anders an: Alle paar Schritte wird abgebogen, man hat entweder Häuserfronten vor sich oder Wasser. Alle Gassen ähneln sich und man kommt nicht umhin, sich wie eine kleine Maus im Labyrinth zu fühlen.

Der Besuch der Biennale war ein lang gehegter Wunsch, der mir bis 2013 verwehrt blieb. Die Erwartungen waren gross.
Manche Kunstausstellungen lassen einen Kunstwissenschaftler und Kunsthistoriker erschaudern und sich fragen „Ist das Kunst oder kann das weg?“. Die Exponate in den Hauptpavillons der Giardinis auf der 55. Biennale waren weitestgehend enttäuschend. Bis auf zwei grandiose Konzepte und Umsetzungen fragte man sich, welche Maschinerie des Kunstmarktes in Gang gesetzt worden war und welches Ziel oder welche Politik bei der Entscheidung für das ein oder andere Objekt vorrangig war, um diese oberflächliche Art von Kunst für die Repräsentation eines Landes zum Vorschein zu bringen. Natürlich: Viele Kunstwerke benötigen Sekundär-Wissen um das Kunstwerk, weil es sich nicht von alleine eröffnet. Ein Werk zu verstehen und sich dafür begeistern zu können - wie zum Beispiel Duchamps Pissoir, das einen wichtigen Bestandteil der Kunstrezeptionsentwicklung darstellt und das viele Besucher zunächst einmal entsetzte – benötigt zusätzliches Wissen, welches hinter dem Werk liegt. Sobald ein Kunstwerk Emotionen verursacht, sei es Neugier, Faszination, Freude oder auch negative Emotionen, ist es meiner Meinung nach gelungen, denn es schiebt Prozesse an, mit denen man sich auseinandersetzen kann. Leider liessen mich viele Kunstwerke in den Giardinis indifferent und ich hatte noch nicht einmal den Wunsch, mich damit noch näher auseinanderzusetzen.

Man wünschte sich auf eine New Yorker Ausstellung wie Christian Marclays „The Clock“ oder ins Karlsruher ZKM, denn ich hoffte dass die Biennale ähnliche Gefühle und Inspirationen in mir hervorbringen würde - was sie letztendlich auch tat, aber nun der Reihe nach:

Die Gesamtorganisation liess zu wünschen übrig: Lange Schlangen in den ansässigen Cafes, weil nur ein einziger Angestellter abkassierte, schlechte Leitsysteme, eine unübersichtliche Webseite und der völlige Ausschluss von Smartphones, die man für ein besseres Leitsystem oder für Erklärung von Kunstwerken gut hätte einsetzen können. Die Organisation glich einer provinziellen Kunstausstellung, und war einer wichtigen internationalen Kunstausstellung nicht würdig.

Dennoch war der Besuch in den Giardinis nicht vertane Zeit. Aufgrund zweier Länder: Russland und Finnland:

Der russische Künstler und Konzeptualist Vadim Zakharov präsentierte ein Kunstwerk, dass sich über zwei Ebenen und über mehrere Räume erstreckte. Damit schaffte der Künstler ein Novum, denn der Pavillon wurde seit seines Bestehens 1914 noch nie für ein einziges Projekt genutzt.

Er griff eine griechische Mythologie auf: Danae und Zeus und er brachte sie mit männlichen Werten und Vorstellungen zusammen. Auf der unteren Ebene befindet sich ein Raum, in dem nur Frauen Zutritt haben. In der Decke ein Loch, aus dem ständig goldene Münzen regnen, eine eigene Prägung für dieses Kunstwerk.
Es regt zum Nachdenken an, die Themen sind Männlichkeit versus Weiblichkeit, Gier und Macht als männliche Eigenschaften und die Verbindung der Themen untereinander, die auch die Verbindungen der einzelnen Räume und Ebenen als Kreislauf darstellen. Der Zuschauer ist wortlos aufgefordert den Kreislauf in Schwung zu halten oder eben den Kreislauf von Gier und Geld zu stoppen – schliesslich macht es ja auch Spass, den Kreislauf zu erkennen und in irgendeiner Form mitzumachen. Nimmt man eine Münze zur Erinnerung mit – unaufgefordert – kommt die Frage auf, ob man sich damit in eben dieses Gefüge aus Besitzdenken und männlicher Gier eingelassen hat oder dazu beigetragen hat, dass dieser Kreislauf ein Ende hat. Dieses Kunstwerk kann auf viel mehr Ebenen und in mehr theoretischen Räumen diskutiert, interpretiert und erfasst werden als in den vier Räumen, in denen das Kunstwerk stattfindet.

Das andere Kunstwerk im skandinavischen Pavillon trägt den Namen „A Fallen Tree Grows into a Garden of Knowledge“ ("Ein gefallener Baum wächst in einen Garten des Wissens"). So wie Vadim lässt auch dieses Kunstwerk viel Raum für Interpretation und Inspiration für eigene Wahrnehmungen, deren Wertigkeit und Existenzberechtigung dadurch nicht infrage gestellt werden, sondern gleichberechtigt mit der Absicht des Künstlers stehen.
Im Haus, das von aussen bereits sehr futuristisch wirkt durch eigens angebrachte schwarze Plexiglas(?)-Platten.
Das Werk „closed circuits“ ("Geschlossene Kreisläufe") von Terike Haapoja stellt die direkte Kommunikation zwischen zwei Spezies her und lässt diese dabei auf sehr exklusive , und dennoch natürliche Art miteinander kommunizieren. Ein kleines Podest mit einer Plexiglasbox gibt dem Zuschauer die Möglichkeit, in die Welt des sichtbar gemachten Wunders einzutreten und mit einem einzigen Baumblatt zu kommunizieren. Der Austausch vom ausgeatmeten Kohlendioxid des menschlichen Museumsbesuchers mit dem Sauerstoff des Blattes soll über Frequenzen in einen hörbaren Ton übertragen werden. Währenddessen wird die heilig anmutende direkte Kommunikation mit einer sich öffnenden Plexiglass-Lichtblüte dargestellt, die um das Blatt herum angebracht ist. Dieser Vorgang lässt einen auf einer emotionalen Ebene bewusst werden, wie direkt die Verbindung und damit auch die Abhängigkeit der beiden Spezies zueinander ist. Dadurch dass es der Vorgang mit auditiven, visuellen und interaktiven Mitteln verstärk wird und mit eben diesen Sinnen im menschlichen Körper wahrgenommen wird, wird das Kunstwerk zu einem sehr intensiven, spürbaren Erlebnis, das die Verbindung zwischen Mensch und Natur in den Vordergrund stellt und in einem grösseren und emotionaleren Zusammenhang empfunden wird, als auf einer rein wissenschaftlichen Photosynthese.

Kunst ist in der Lage, einem andere Perspektiven zu eröffnen oder innere Vorgänge sichtbar zu machen, aber auch inspiriert zu werden für neue Denkrichtungen. Wenn man sich bewusst macht, welche Haltung man zu eigenen Erinnerungen hat, dann macht das Werk „Tempus Fugit“ (Lat. frei übersetzt:"Die Zeit rast") auf dem ausgelagerten Werftgelände Arsenale dies sichtbar. Erinnerungen sind für manche ein Punkt in der Vergangenheit, der den Beginn einer langen Entwicklung markiert um erklären zu können, wo man jetzt gerade steht. Für andere sind es nostalgische Kurzfilme im Kopf, die manchmal hervorgeholt werden, um verstummte Gefühle wieder zu aktivieren, für andere sind es Zeitdokumente. Und für wieder welche sind diese Erinnerungen gleichgültig.
In Samantha Bosques Ausstellung 
"Forgotten Memories" ("Vergessene Erinnerungen") steht man vor überlebensgrossen Negativabzügen von alten Portraitfotos. Die Künstlerin selbst hatte diese Fotos auf der Strasse gefunden. Die Identität der dargestellten Personen, sowie der Anlass für das Foto bleiben ungeklärt.
Vor den Negativ-Portraits sind menschliche schwarze Skulpturen in Anzug und Binde um den Kopf, die ihnen die Sicht auf die Portraits versperren. Auch dem Zuschauer bleibt die Sicht auf die Portraits verwehrt, obgleich nicht mit einer Augenbinde, sondern dadurch, dass man einen Negativabzug vor sich hat. Erst über das Smartphone kann dieser Negativ-Effekt umgedreht werden und die entsorgten Erinnerungen eines Fremden werden sichtbar.
Die Frage danach, was die fünf Frauen auf dem Foto gemeinsam haben, bleibt wohl jedoch ungeklärt.
Dieses Kunstwerk hat die ständige Anwesenheit des smartphones des Besuchers miteinkalkuliert und fördert die interaktive Erkenntnis um eine verloren gegangene Erinnerung.




Pawel Althamer hat meinen persönlichen Standpunkt mit seinem Kunstwerk "Venetians" bestätigt. Er bildete Gesichter und Hände echter "Ureinwohner" Venedigs ab. Die lebensgrossen Skulpturen stehen und sitzen im Raum verteilt. Ihre Körper selbst sind quasi nicht existent und werden durch Stahlseile und –bänder ersetzt. 
Was bleibt, sind individuelle Gesichter mit individueller Haltung. Althamers Errungenschaft, die er seinem Werk zuschreibt ist die Erkenntnis, dass die Seele unser Hauptaugenmerk verdient, denn „the body is only a vehicle fort he soul“ ("Der Körper ist nur ein Fortbewegungsmittel für die Seele").


Die Mischung von eigenen Gedanken, inspiriert durch das Gezeigte, Erlebte, und der Atmosphäre der Stadt kann zu einem Erlebnis werden, das einen nachhaltig beeinflusst. Muss aber nicht. Erst wenn man es schafft, sich den Stereotypen zu entziehen und sich auf eine ganz persönliche, subjektive Erlebnisreise macht, die alles Verallgemeinernde ausschliesst, kann sich dieses Erleben zu etwas Nachhaltigem entwickeln.

Die Biennale 2013 und Venedig selbst kann auf unterschiedlichste Weise erlebt werden. Wer dorthin geht, um hip zu sein, weil ein „mondäner Mensch eben zur Biennale geht“ und damit sich selbst einer Art Verpflichtung unterwirft, die mehr einem Ruf des Verstandes als dem des Herzens folgt, der wird sich von der Masse an Kunstwerken womöglich gestresst und unter Druck fühlen. Die Lösung hierfür: entweder er beweist Mut zur Lücke oder verweilt mehrere Wochen in Venedig. Denn um alle Kunstwerke in sich aufzunehmen und sich damit auseinanderzusetzen, um Sie gänzlich verstehen zu können, sind wenige Tage zu kurz.
Eine andere Art und Weise, die Biennale zu erleben ist sich treiben zu lassen. Von Anfang an wissend, dass man nicht alles sehen, erfassen und geniessen kann und darauf vertrauend, dass sich das, was sich einem von selbst eröffnet, genug ist, ohne an einen anderen Ort hetzen zu müssen.

Diese zwei kapital unterschiedlichen Herangehensweisen, spiegeln sich auch in der Stadt selbst wider.
Geht man durch die Strassen passiert es immer wieder, vor allem nachts, dass sich an einem Platz sich viele sich unterhaltende Menschen finden und weil Töne brechen können, man zwei Ecken weiter, die absolute Stille herrscht. Der Wechsel zwischen Belebtheit und Stille kann nicht nur im Aussen, sondern auch im Inneren erlebt werden.

Ich auf jeden Fall habe so, wie die italienische Lagune auf Autos und Fahrräder verzichtet, auf touristische Plätze verzichtet, sowie auf Kunstwerke, die mein Herz weder belebten noch in die friedliche Stille führten.
Ich war in der Lage, ohne das Gepäck von Wissen, Erinnerungen und Stereotypen die Stadt zu betreten und hatte deswegen genug Raum um Inspiration, Magie und Erkenntnisse aus der Stadt heraus wieder nach Hause nach Stuttgart zu bringen.








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